Klimaschutz als Chance für KMU


Mit dem klaren Ja zum Klimagesetz und damit zum Schweizer Netto-Null-Ziel bis 2050 sind auch KMU gefordert, ihre Klimaschutzmassnahmen verstärkt und schneller voranzutreiben: Viele Grossunternehmen und die öffentliche Hand erhöhen ihre entsprechenden Anforderungen an Lieferant*innen; KMU werden ihre Nachhaltigkeit vermehrt ausweisen müssen, um als Lieferant*in in Ausschreibungen gute Chancen zu wahren.
Community Insights
von CEO4Climate
11.06.2024

Community Insights aus dem CEO4Climate-Erfahrungsaustausch

Insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten ist es für KMU eine Herausforderung, diesen zusätzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Gleichzeitig ist das Netto-Null-Ziel für die Wirtschaft auch eine grosse Chance. Rund 60 CEOs diskutierten deshalb am 4. Juni zu Gast bei Google die Chancen und Herausforderungen auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel – und vor allem, welche Rolle die CEOs eines KMU dabei spielen. 

Fotografien: Patrick Fuchs
Weitere Bilder finden Sie am Ende dieses Beitrags.

Key Community Insights des KMU-Erfahrungsaustauschs

  • KMUs müssen jetzt Transparenz über ihre CO2-Emissionen herstellen. Eine Klimabilanz, wissenschaftsbasierte Klimazielen oder eine Bestandesaufnahme mit esg2go – dem Schweizer ESG-Ratingtool für KMU – sind geeignete erste Schritte. Diese Transparenz bildet auch die Grundlagen für ein Mitarbeiter*innen-Engagement und eine transparente Kommunikation nach innen und aussen. 
  • Die zentralen Hebel sind klar: Mobilität, Strom- und Wärmeversorgung, aber auch komplexere Themen wie kreislauffähige Geschäftsmodelle und die Lieferketten sind Punkte, bei denen es anzusetzen gilt. Aber auch den Auswirkungen des Klimawandels muss Rechnung getragen werden, beispielsweise bei der Wahl von Betriebsstandorten mit Blick auf Hochwasserschutz und anderen klimatisch geprägten Standortfaktoren.
  • Die Erreichung des Netto-Null-Ziels müssen KMU frühzeitig und strategisch angehen: Ein Unternehmen, welches sich jetzt mit dem Klimaschutz auseinandersetzt und zum Vorreiter wird, bleibt auch erste Wahl bei den Kund*innen, Partner*innen und Talenten. Insbesondere werden Reportingpflichten und die Umsetzung von wissenschaftsbasierten Klimazielen (SBTi) die Anforderungen an KMU deutlich erhöhen.
  • Die enge Einbindung der CEOs ist zentral. Der Umgang mit Zielkonflikten, aber auch die Tatsache, dass Netto-Null oft mit Investitionen und neuen Kooperationen verbunden ist, bedingt die enge Einbindung der obersten Führung.
  • Der Wissens- und Erfahrungsaustausch schafft Orientierung auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel. Der regelmässige Austausch unterstützt KMU bei der Implementierung effektiver sowie glaubwürdiger Massnahmen und begünstigt auch das Schaffen geeigneter politischer Rahmenbedingungen.

Im Zentrum des Events standen sechs Breakout Sessions mit KMU-Business-Cases:

Kreislaufwirtschaft – vom Konzept in die KMU-Realität

Mit Impulsen von Albin Kälin, CEO epeaswitzerland und Markus Vögeli, Geschäftsführer Vögeli AG

Wie kann Kreislaufwirtschaft in ein Businessmodell integriert werden? Wie kommt man vom Konzept in die KMU-Realität und wo liegt das Potenzial für Unternehmen, die dieses Thema noch nicht in der DNA haben?

Community Insights

  • Für die Umsetzung von kreislauffähigen Prozessen und Produkten braucht es umfassende Innovationen, ein Neudenken bestehender Businessmodelle und Produkte sowie entsprechende politische Rahmenbedingungen.
  • Damit lineare zu zirkulären Geschäftsprozessen umgestaltet werden können, braucht es zunächst eine gründliche Analyse der eigenen Produkte und Dienstleistungen. So können potenziell kreislauffähige Produkte und Dienstleistungen identifiziert werden, die so auch langfristig ihre Berechtigung im Portfolio behalten.
  • Bei der Umsetzung ist es entscheidend, nach Partnerschaften innerhalb und ausserhalb der eigenen Branche Ausschau zu halten – auch die Zusammenarbeit mit der Konkurrenz kann sich dabei als gewinnbringend herausstellen. Denn die diversen Herausforderungen sind durch KMU alleine nicht zu stemmen; dazu gehört beispielsweise die Organisation der Rücknahme von Produkten (zugunsten höherer Mengen), die regulatorischen Hürden oder die hohen Investitionskosten in neue Infrastruktur.

swisscleantech unterstützt CE123.ch – die Werkstatt für Kreislaufwirtschaft. Sie bietet praxisbezogene Unterstützung auf dem Weg zu einem kreislauffähigen Businessmodell.

Ihr Ansprechpartner
Gregory Germann
gregory.germann@swisscleantech.ch

Elektrifizierung der Betriebsflotte

Mit Impulsen von André Flückiger, CEO Eicher+Pauli

Wie meistert man Herausforderungen bei der Elektrifizierung der Betriebsflotte – wie etwa die Bereitstellung und Finanzierung von Ladeinfrastrukturen oder die beschränkte Reichweite von Fahrzeugen? Und wie motiviert man die Belegschaft für die Elektromobilität?

Community Insights

  • Die Elektrifizierung der Betriebsflotte ist ein zentraler, auch finanziell interessanter Hebel, um die CO2-Emissionen im Bereich Mobilität zu reduzieren. Die Anforderungen und Herausforderungen an eine E-Flotte können sich jedoch bezüglich Reichweite, Ausstattung oder Ladeinfrastruktur je nach KMU, Art der PKW- oder LKW-Flotte stark unterscheiden.
  • Die teilnehmenden CEOs waren sich einig, dass sich eine E-PKW-Flotte wirtschaftlich rechnet, wenn diese clever umgesetzt wird und spezielle Situationen von Mitarbeitenden berücksichtigt werden. Der Einbezug und die Sensibilisierung der Mitarbeitenden sind beim Thema Fahrzeug zentral.
  • Betriebsfahrzeuge werden von Mitarbeitenden im Normalfall nach Hause genommen. Fehlende Ladeinfrastrukturen in Mietshäusern sind deshalb eine zentrale Hürde. Bis diese flächendeckend eingebaut sind, braucht es unkonventionelle Wege und Lösungen der KMU – beispielsweise das Schaffen von Service Points.  
  • Für Logistiker und Baugewerbe ist die Schaffung einer Ladeinfrastruktur für E-LKW eine finanzielle Herausforderung. Die gegenseitige Bereitstellung von Ladekapazitäten unter Branchenvertretern hilft, Investitionen schneller rentabel zu machen.

Die Arbeitsgruppe Grüne Logistik von swisscleantech engagiert sich mit über 30 Unternehmen mitunter für die Elektrifizierung von Betriebsflotten und setzt aktuell ein Pilotprojekt zu Ladestationen-Sharing in der Logistik um.

Ihr Ansprechpartner
Gregory Germann
gregory.germann@swisscleantech.ch

Relevanz klimabedingter Naturgefahren für KMU

Mit Impulsen von Christoph Kerstenholz, Risk Engineer Climate Change & Natural Hazards, Zurich Versicherung

Unternehmen befördern den Klimawandel nicht nur, sie sind auch von klimatischen Veränderungen betroffen. Welchen Klimarisiken sind KMU ausgesetzt – und welche Möglichkeiten gibt es, Klimarisiken systematisch in das betriebsinterne Risikomanagement zu integrieren?

Community Insights

  • Neben der Herausforderung der CO2-Reduktion von Unternehmen, dürfen die Auswirkungen des Klimawandels auf ein Unternehmen nicht ausser Acht gelassen werden – dazu gehören auch klimabedingte Naturgefahren. Viele Unternehmen schenken diesen Klimarisiken erst wenig Beachtung; entsprechend selten fliessen sie in die Finanzplanung ein. Die Abhängigkeit der Unternehmen von der Natur wird allgemein noch wenig verstanden.
  • Naturgefahren wie Überschwemmungen oder Wassermangel (Dürre) können Unternehmen wie auch ihre Mitarbeitenden beeinträchtigen und zu Störungen in der Lieferkette (Unterbrechungen in der Lieferkette, steigende Preise für Vorleistungsprodukte, Veränderungen in der Qualität und Verfügbarkeit von Rohmaterialien) führen. Gemäss der aktuellen Datenlage muss damit gerechnet werden, dass es in Zukunft zu einer Häufung mit gleichzeitiger Verstärkung solcher Ereignisse kommt. Auch die Berücksichtigung von Naturgefahren (beispielsweise Hochwasser) bei der Standwortwahl gewinnt an Bedeutung.
  • Die präventive Bewertung von Naturgefahren und ihrer zukünftigen Entwicklung durch den Klimawandel ist ein wichtiger Schritt, um die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens proaktiv zu stärken und sich dadurch für die Zukunft optimal aufzustellen.

swisscleantech vermittelt Partner*innen, welche Risiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette analysieren und entsprechende Lösungsstrategien entwickeln.

Ihre Ansprechpartnerin
Madeleine Guyer
madeleine.guyer@swisscleantech.ch

Reporting-Anforderungen & Zertifizierungen

Mit Impulsen von Marc Wegmüller, Verwaltungsratspräsident Wegmüller Attikon und Philipp Aerni, Direktor Zentrum für Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit (CCRS)

Was bedeuten die erhöhten Reporting-Anforderungen für KMU und welche Daten werden für ein Reporting benötigt? Kann das Tool esg2Go die Transparenz unternehmerischer CO2-Emissionen erhöhen sowie Greenwashing und den Bürokratieaufwand verringern?

Community Insights

  • KMU erkennen die Notwendigkeit, sich mit dem Thema Reporting auseinanderzusetzen, da der Druck innerhalb der Lieferkette stetig steigt. Viele KMU sind von Berichterstattungspflichten zwar (noch) nicht betroffen, bei Ausschreibungen kann jedoch schon heute ein entsprechender Bericht Teilnahmevoraussetzung sein. Eine steigende Anzahl von Grossunternehmen, die selber ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategien verfolgen, fordern von ihren Lieferant*innen Ratings ein.
  • Auch für KMU ist es eine Herausforderung, das richtige Tool für die eigenen Bedürfnisse und beschränkten Personalressourcen zu finden. Darüber hinaus ist eine Anbieter*innenvergleich wünschenswert. Die Transparenz in der Erstellung und die Unabhängigkeit des Beratungsangebots – wie es etwa bei esg2go gegeben ist – werden als zentral erachtet.
  • Am Markt sind zahlreiche Tools vorhanden, die sich auf Nachhaltigkeitsratings spezialisieren. Das von swisscleantech mitentwickelte Tool esg2go ist auf KMU zugeschnitten und bringt so einen pragmatischen Einstieg mit überschaubarem Aufwand mit sich. Der entsprechende Bericht macht eine erste Standortbestimmung möglich und lässt mit einem Branchenvergleich auch eine Einordnung zu Mitbewerber*innen zu.
  • Zertifizierungen müssen glaubwürdig sein, um Greenwashing und entsprechende Vorwürfe auszuschliessen. Kurzfristig reicht dafür noch die Eigendeklaration mit ausgewiesenen Zahlen aus.

swisscleantech unterstützt ihre Mitglieder bei der Einführung von esg2go und übernimmt im ersten Jahr die Lizenzkosten.

Ihre Ansprechpartnerin
Madeleine Guyer
madeleine.guyer@swisscleantech.ch

Greenwashing-Vorwurf

mit Impulsen von André Bernheim, President of the Board & CSO Mondaine Group und Martina Bühler Co-Founder Greenwishing

Unternehmen stehen bei der Nachhaltigkeitskommunikation vermehrt in der Kritik. Die Angst vor Greenwashing-Vorwürfen geht stellenweise so weit, dass Firmen von einer aktiven Kommunikation des eigenen Klimaschutzengagements absehen («Greenhusing»). Wie kommunizieren Unternehmen richtig und welche Rolle spielt dabei der CEO?

Community Insights

  • Eine seriöse interne Nachhaltigkeitsstrategie ist die wichtigste Voraussetzung für eine glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation nach aussen. Dazu müssen CO2-Reduktionsmassnahmen zunächsten an den grössten Hebeln ansetzen, die oftmals das Kerngeschäft betreffen.
  • Die Massnahmen müssen wirksam und nachvollziehbar sein. Konsistenz und Nähe zum Kerngeschäft sorgen für mehr Glaubwürdigkeit. Ambitionen und Massnahmen zu Netto-Null-Zielen müssen einfach verständlich und klar belegbar sein, so gewinnen sie intern wie extern an Akzeptanz.
  • Sukzessive Kommunikation (an Stelle einzelner isolierter «Big Bangs») erhöht das Vertrauen bei Kund*innen, Lieferant*innen und Mitarbeitenden.
  • Das Storytelling soll nicht eindimensional an  (ökologischer) Nachhaltigkeit ansetzen, sondern auch Traditionen und Werte einbeziehen. So kann die ökologische Nachhaltigkeit umfassender und authentischer eingebettet werden.
  • Die EU-Direktiven (u.a. Green Claims) sind frühestens im 2027 für exportorientierte KMU relevant. Davor gelten die Regeln der Lauterkeitskommission aus 2023.

swisscleantech unterstützt seine Mitglieder im Umgang mit Greenwashing und Greenwishing.

Ihre Ansprechpartnerin
Madeleine Guyer
madeleine.guyer@swisscleantech.ch

Mitarbeiter*innen halten und gewinnen

mit Peter Krummen, Geschäftsführer Krummen Kerzers AG

Damit Netto-Null-Ziele auch effektiv umgesetzt werden, braucht es das Engagement der Mitarbeitenden. Wie macht man die Belegschaft mit den firmeneigenen Klimazielen und Klimaschutzmassnahmen vertraut? Welche Best Practices bewähren sich?

Community Insights

  • Die grosse Herausforderung ist es, das obere Kader für das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Ein Vorleben und Bewusstsein auf C-Level sind zentral für die Vermittlung in der gesamten Belegschaft.   
  • Als Voraussetzung für ein erfolgreiches Mitarbeiter*innen-Engagement braucht es klare Strategien und Visionen sowie konkrete Massnahmen, die vom Management mitgetragen werden.
  • Die Bilanzierung der Treibhausgasemissionen als Standortbestimmung schafft die nötige Transparenz und bildet damit die Voraussetzung für eine nachvollziehbare Kommunikation mit den Mitarbeitenden. Zentral dafür ist es auch, die Treiber und Mehrwerte für das Unternehmen deutlich zu kommunizieren.
  • Die Sensibilisierung und Ausbildung von Meinungsführer*innen, die in den Business-Einheiten als Multiplikatoren agieren, sind eine gute Möglichkeit, damit Massnahmen der Führung auch im gesamten Unternehmen mitgetragen werden. Auch Anreize für Mitarbeitende (insbesondere des oberen Kaders), Schulungen oder Nachhaltigkeitstage tragen zur Erreichung von Klimazielen bei.

swisscleantech unterstützt ihre Mitglieder im Umgang mit Mitarbeiter*innen-Engagement zu Klimazielen und Klimaschutzmassnahmen.  

Ihre Ansprechpartnerin
Madeleine Guyer
madeleine.guyer@swisscleantech.ch