Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit stehen KMU vor der Herausforderung, diesen zusätzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Gleichzeitig bietet das Netto-Null-Ziel der Wirtschaft auch zahlreiche Chancen. Rund 50 Geschäftsführer*innen diskutierten deshalb am jüngsten KMU-Erfahrungsaustauschs vom 29. Oktober, wie Netto-Null als Chance genutzt werden kann und vor allem, welche Rolle die Geschäftsführer*innen dabei spielen. Im Zentrum des Erfahrungsaustauschs standen fünf Breakout Sessions mit KMU-Business-Cases zu Kreislaufwirtschaft, Flottenelektrifizierung, ESG-Reporting, Resilience/Klimarisiken und Mitarbeiter*innen-Engagement.
Fotografien: Patrik Fuchs
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Key Community Insights
Die Rolle der Führung
Aktuell gibt es zahlreiche Gründe (wie etwa geopolitische Unsicherheiten), die dazu führen könnten, dass das Thema Klimaschutz in den Hintergrund gerät. Untätigkeit ist allerdings keine Option, die Herausforderungen im Bereich ESG bleiben bestehen und werden sich ohne Massnahmen weiter akzentuieren. Da Netto-Null oft mit Investitionen und neuen Kooperationen verbunden ist, wird die Rolle der Führung zentral. Es sind Leadership und Mut erforderlich, um die Netto-Null-Ziele in den Unternehmen aktiv voranzutreiben. KMU sollten ihre Klimaziele denn auch strategisch und frühzeitig angehen. Unternehmen, die sich jetzt für Klimaschutz einsetzen, werden von Kund*innen, Partner*innen und Talenten bevorzugt. Zudem werden sie so den steigenden Anforderungen durch Reportingpflichten und die Umsetzung wissenschaftlich fundierter Klimaziele (SBTi) gerecht.
ESG-Rating
Es besteht ein hoher Bedarf an einem einfachen, KMU-freundlichen Rating mit 360°-Sicht auf die Unternehmensaktivitäten. Das Tool esg2go erfüllt diese Anforderungen und könnte als Standard in den Lieferketten etabliert werden, da es bisher von keiner Kund*in abgelehnt wurde. Große Beschaffer wie die Post und die SBB führen es in ihren zugelassenen Bewertungen, und die Zürich Versicherung plant, ihre gesamte Lieferkette damit zu bearbeiten.
Kreislaufwirtschaft
Bei der Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft bestehen viele Herausforderungen, darunter regulatorischen Hürden, Trade-offs bei Materialien und fehlendem Kund*innenverständnis. Die Umstellung auf kreislauffähige Geschäftsmodelle ist ein langfristiger Prozess. Wir empfehlen, Investor*innen frühzeitig einzubinden und erste Schritte pragmatisch anzugehen. Gleichzeitig wurde auch klar, dass zirkuläre Geschäftsmodelle mittelfristig viele Chancen mit sich bringen und ein Treiber für Innovation sind. Ohne Kreislaufwirtschaft ist Netto-Null nicht umsetzbar.
Mitarbeiter*innen-Engagement
Unternehmen erkennen, dass die Einbindung der Mitarbeitenden entscheidend für die Erreichung von Netto-Null-Zielen ist. In der Sensibilisierung besteht jedoch eine Kluft zwischen hochqualifizierten Mitarbeitenden und Blue Collar Workers. Die Integration von ESG-Kriterien in das Entlohnungssystem kann Anreize schaffen. Zudem können Ideenpools genutzt werden, um Mitarbeitende einzubinden. Dabei ist es wichtig, die Mitarbeitenden bei der Umsetzung ihrer Ideen eng zu begleiten und sie zu Projektleiter*innenn ihrer eigenen Vorschläge zu erheben (CEO of my own idea).
Elektrifizierung der Flotte
Elektrische Fahrzeuge sind in vielen Segmenten oft günstiger als fossil angetriebene Modelle. Die Anforderungen an die Elektrifizierung variieren jedoch je nach Fahrzeugtyp: Busse und Lastwagen benötigen andere Ladelösungen als Lieferwagen und PKW, da sich deren Nutzungsprofile stark unterscheiden. Eine E-PKW-Flotte ist wirtschaftlich sinnvoll, wenn sie clever umgesetzt wird und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden berücksichtigt. Fehlende Ladeinfrastruktur in Mietshäusern ist eine zentrale Herausforderung, die unkonventionelle Lösungen wie Service Points erfordert. Die Einbindung und Sensibilisierung der Mitarbeitenden sind im Fahrzeugbereich von entscheidender Bedeutung.
Umgang mit Klimarisiken
Unternehmen müssen neben der CO2-Reduktion auch die Auswirkungen des Klimawandels und klimabedingte Risiken wie Naturgefahren berücksichtigen. Viele KMU lassen diese Risiken in der Finanzplanung bis heute aussen vor. Ereignisse wie Überschwemmungen und Dürre können Betriebe und Lieferketten erheblich beeinträchtigen. Es ist mit einer Zunahme solcher Ereignisse zu rechnen, was die Standortwahl und die präventive Risikoanalyse zwingend erforderlich macht, um die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.
Der Wert des Erfahrungsaustauschs
Der Austausch von Wissen und Erfahrungen bietet Orientierung auf dem Weg zu Netto-Null-Zielen. Regelmäßige Dialoge unterstützen KMU bei der Umsetzung effektiver und glaubwürdiger Maßnahmen und fördern zudem die Schaffung geeigneter politischer Rahmenbedingungen.